Sie sitzen da und warten. Dass hier
jemand auf die Bühne tritt. Jemand Besonderes. Grandioses. Geniales. Und dann
sehen Sie mich. Ich habe das Raunen gehört. Da vorn, Sie. Ja, Sie mit der
bunten Krawatte. „Wer ist denn das?“ haben Sie gesagt. Mit einem Unterton...
ich habe es rausgehört. Verächtlich. Das schmerzt. Wissen Sie, nicht die
Frage, der Ton verletzt.
Sie könnten mal raten, wer ich bin. Dass ich hier so
einfach aus dem Vorhang herauskomme. Der Beleuchter könnte ich sein? Und wozu
sollte ich hier herauskommen? Na, stimmt, ich könnte auch mal ins Licht treten
wollen. So wie ich es jetzt tue, mit einer gewissen Dramatik. So eins, zwei,
drei! Sie denken, ich habe mich auf die Bühne verlaufen? Nein, nein. Ich kenne
mich zu gut aus. Verlaufen? Noch nicht einmal im Wald. Die Dame ganz links
meint, ich sei ER! Ich tarne mich mit Ungeschick. Mit einer Maske. Welch eine
Phantasie! Ich, der Besondere. Ich, die Hauptperson? Ein schöner Gedanke. - Ich
bin es nicht. Nur für mich, für mich bin ich die Hauptperson. Ich mag mich.
Sie lachen. Ich verstehe nicht, was es da zu lachen gibt. Sind Sie sich nicht
die Hauptperson? Dann geht es Ihnen schlecht. Sie sind in übler Gesellschaft.
Ich bin da ganz anders, ich sorge für mich. Ja, ja. - Sie sind wirklich ein
albernes Publikum. Immer nur lachen! Ich weiß nicht, warum ER unbedingt auf die
Bühne wollte. Nur um Sie zu sehen? Na, ich danke. Ich kenne Sie kaum, aber Sie
zeigen sich von einer sehr... sehr... sagen wir... unebenen Seite. Freiwillig wäre
ich nicht hier. Freiwillig nie! Aber ich muss. Sie sind meine Chance. Sehen Sie,
wieder dieses Lachen. Es zieht herab. Wie Ihre Gedanken, Ihre Blicke. Die
rutschen an mir von oben herunter. Stocken an meinem Hemdenkragen. Na, und?
Glauben Sie, ich weiß nicht? Ein wenig Schmutz. Wen stört das schon. Der Knopf
ist heute erst abgesprungen. Wie ein Floh. Dann ist er über den Bürgersteig
gerollt, eine Kurve, und zack, in den Gully. Aber Sie werden feststellen, es
gibt einen Moment, da wird Sie nichts davon mehr stören, gar nichts, auch nicht
meine fehlenden Bügelfalten oder die Fransenränder. Das kommt mit der Zeit!
Ich brauche die Chance. Mehr als
Sie. Sie in Ihren feinen Anzügen, mit Ihrem Flitter und Ihren Klunkern. Sie
brauchen nichts. Sie haben doch alles, Geld, Ansehen und Ruhe. Vor allem Ruhe.
Die kann man sich kaufen. Ein Haus im Grünen - in Ruhe. Ein First-Class-Auto -
Ruhe. Bedienstete, die Sie verwöhnen - Ruhe. Ruhe, Ruhe, Ruhe. Sie merken, wie
langweilig das ist? Sie sollten das ändern. Ein wenig Spannung wird Ihnen gut
tun. Und wenn ich Ihnen diese Spannung beschaffe? Sie geben mir dann ein wenig
von Ihrem Wohlstand. Ein guter Tausch, nicht wahr? Und sehen Sie, DAS ist meine
Chance. Sie kommen einzeln hier hervor, legen Ihr Geld und Ihren Schmuck vor
mich hin und setzen sich wieder auf Ihren Platz. Sie würden das nicht tun? Das
ist sehr bedauerlich. Aber das erhöht die Spannung. Sie werden nämlich nicht
wissen, wann es losgeht. Nein, nicht die Vorstellung! Der Besondere - wie heißt
er denn noch? - ist unpässlich für eine Weile. Nicht ganz bei sich. Das kennt
man doch. Und wenn er wieder fit ist, wird es ihm auch nichts nützen. Er wird
sich nicht rühren können. Er wird dasitzen, schreien, aber man hört es nicht.
Nein, selbst Sie hier in der ersten Reihe nicht. Er schreit so gedämpft. Dafür
habe ich gesorgt. Ihnen geht es da besser. Sie können schreien. Nur rühren
sollten Sie sich nicht zu heftig. Sonst muss ich mich auch bewegen. Und dann
macht mein Kumpel einen kleinen Fehler. Ich hab Ihnen meinen Partner noch nicht
vorgestellt? Drehen Sie sich ruhig um. Der Riese an der Tür ist es.
Sprengmeister. Ein zuverlässiger Arbeiter. Kein Seelchen, wenn Sie wissen, was
ich meine. Und sollte er nervös werden, weil ich nervös werde... sind wir alle
hin. Spannend, was? Aber ich werde ja nicht nervös. Sie müssen nur
heraufkommen, einer nach dem anderen. Sehen Sie, das ist meine Chance. - Ach,
das ist ja drollig, das ist auch Ihre Chance!